Castings kommen meist aus heiterem Himmel. Im Fall von Jim Knopf habe ich wirklich den Eindruck, dass die Anfrage aus einem sehr heiteren Himmel kam. Ich selbst wäre nämlich nie auf die Idee gekommen, mich für die Rolle des legendären Lokomotivführers Lukas zum Casting einzuladen.
Mit sehr viel Neugier, was mich wohl erwarten würde, machte ich mich auf den Weg nach Berlin zum Casting. Dort traf ich auf den Regisseur Dennis Gansel, mit dem ich bereits vor vielen Jahren, als wir beide noch am Anfang unserer Karrieren standen, in seinem ersten Kinofilm MÄDCHEN MÄDCHEN zusammengearbeitet hatte. Er stellte mich Solomon vor, einem jungen Schauspieler aus England, der Jim Knopf spielen sollte.
Solomon war damals etwa zehn Jahre alt und hatte schon Erfahrung auf der Theaterbühne gesammelt. Er sprach Englisch und ich sprach Deutsch. Das klappte allerdings von Anfang an sehr gut. Wir mochten uns und hatten das, was man wohl einen Draht nennt zueinander nennt. Das wurde vor allem deutlich, als wir improvisieren sollten. Ich erzählte ihm, wie er auf die Insel kam und wie ich ihn, sobald er stehen konnte, mit auf die Lokomotive genommen habe. Das ganze ging uns so leicht von der Hand, dass wir beide selbst erstaunt waren, wo das alles herkam. Als hätte es tatsächlich eine gemeinsame Zeit in unserem Leben gegeben, über die wir uns unterhalten konnten. Das haben wir dann natürlich beide auf Englisch getan, sonst hätte Solomon mich ja nicht verstanden.
Nach diesem Casting wusste ich jedenfalls, dass die Rolle in mir drin lag und ich sie finden konnte. Ich glaube nämlich, dass ich nur dann richtig gut bin, wenn die Rolle etwas mit mir zu tun hat. Irgendeine Seite des Charakters muss ich auch in mir finden. Wenn ich gar keine Resonanz spüre, sollte ich die Rolle besser nicht spielen, weil es sonst nur behauptet wäre. Aber das ist nur mein Ansatz zum Schauspiel und muss gewiss nicht bei jedem so sein.
Solomon und ich passten zueinander und das fanden die anderen auch. Das Abenteuer konnte beginnen.
Jetzt ist bereits der zweite Teil abgedreht und kommt nächstes Jahr ins Kino. Ich glaube jetzt schon sagen zu können, dass der zweite Teil noch spannender wird als der erste. Denn Solomon ist gewachsen – und mit ihm Jim. In der Geschichte ist es ebenso, denn die Piraten sind als Bedrohung und Herausforderung ein echter Prüfstein für die Tapferkeit von Jim und Lukas. Ich muss gestehen, dass es mir sehr gefallen hat, dass wir dieses Mal fast alles in Südafrika gedreht haben, denn das Land hat selbst schon etwas Abenteuerliches. Die freie Zeit habe ich genutzt, um zu wandern oder zu surfen. Dass dort im Meer der Weiße Hai herumschwimmt, ist ja allgemein bekannt. So habe ich dann auch jedes mal etwas demütig am Strand gestanden und die Wellen um so mehr genossen, wenn ich wieder heile herauskam.
Die Arbeit mit Solomon und den anderen Schauspielern hat mir wieder großen Spaß gemacht. Auch das Team, mit dem wir in Südafrika gearbeitet haben, ist mir in den Wochen dort unten ans Herz gewachsen. Dennis hat, wie schon beim ersten Mal, die Fäden zusammengehalten und mit unermüdlicher Energie den Film Stück für Stück inszeniert. Stück für Stück ist der richtige Ausdruck, denn ein Film mit so vielen Actionszenen wie dieser ist ungeheuer mühsam zu drehen. Dass es dann nach einem weiteren Jahr in der Postproduktion ein fertiger Film wird, der uns im Kino berührt, ist eines dieser „kleinen Wunderlichkeiten“, die Film für mich so interessant machen.
Ich bin sehr sehr gespannt auf diesen zweiten Teil von JIM KNOPF & LUKAS der LOKOMOTIVFÜHRER.